Leben und so

23
Okt
2005

Lass' fahren dahin

An regnerischen Sonntagnachmittagen im Herbst beginne ich wieder damit, die Schichten meines Arbeitszimmers abzutragen. Notgedrungen bin ich zu einem Anhänger des archäologischen Archivsystems geworden; je weiter unten etwas liegt, um so älter ist es. Und mit ein wenig Übung lässt sich auch gut einschätzen, wo die gesuchten Papiere/Ausdrucke/Zeitschriftenartikel liegen.

(Hatte ich bereits erwähnt, dass ich mir bisweilen so etwas wie eine Neutronenbombe für Papier wünsche? Für die Nachgeborenen: In den 80-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts tobte die Diskussion über Pläne der USA, eine nukleare Bombe zu entwickeln, die alles Leben rund um den Detonationsort vernichtet – aber die Gebäude, Infrastruktur und ähnliches weitgehend intakt lässt. Menschenverachtend, war noch der geringste Vorwurf. Jedenfalls, so ein Device, das alles Papier rückstandsfrei beseitigt, Möbel und die Wohnung insgesamt nicht mal in Unordnung stösst, das wäre was.)

Nun gut, so lange die Technik nicht so weit ist, räume ich halt von Hand, entscheide schweren Herzens, den Sonderdruck von „Aus dem Parlament“ ins Altpapier zu geben, den Zeitschriftenstapel dazu, sobald ich die aufhebenswerten Artikel rausgerissen habe. Geht doch.

Bis ich auf den verstaubten Karton mit der Technik von gestern, nein von vorgestern stoße. Schätze, ehemalige. Mit Erinnerungen verbunden, wie der Akustikkoppler (muss ich das jetzt erklären?), satte 2.400 bps, EDT-fähig mit 110bd simplex. Unschlagbar mit dem Tandy Radio Shack 80 Mo. 200, liebevoll Trash 80 genannt, der Laptop, mit dem ich 1985 (ja, liebe Kinder, 1985) durch die Gegend zog. Machte richtig was her, damals, wenn ich die beiden Geräte mit einem Telefon verband und mich in ein Mailboxsystem einwählte.

Und jetzt ist das Eletroschrott. Haben will das keiner. Noch nicht mal geschenkt. Für mich ist das kein Erinnerungsstück, gebrauchen kann ich es auch nicht. Also ab in den Müll damit.

Moment. So einfach ist das nicht. Nicht, weil das Zeug – ich könnte noch andere lustige Dinge neben dem Akustikkoppler und dem Trash 80 aufzählen – mir ans Herz gewachsen wäre, wirklich nicht. Und nicht, weil es damals teure Geräte waren, richtige Investitionsentscheidungen. Viel wertvoller als das Geld, dass ich da reingesteckt habe, war die Zeit. Zeit, die ich gebraucht habe, den Umgang mit diesen Dingern zu lernen, herauszufinden, warum 300-Baud-Modems in Europa anders funktionieren als 300-Baud-Modems in den USA, viel Zeit, wie man sie eben für eine neue, noch unbekannte Technik braucht.

In fünf oder zehn Jahren werde ich wieder so dasitzen, wie viele andere auch, und die Digitalkamera in der Hand halten, die ich vor paar Wochen gekauft habe. Mit den gleichen Gedanken. Alt, das Zeug, braucht keiner mehr. Aber wegwerfen? Wenn's noch funktioniert? Aber was soll ich damit? Mit der Technik von vorgestern?

Komisch, dabei sind anscheinend die meisten Neuanschaffungen, die in diesem Lande gemacht werden, der Elektroschrott von morgen. Für Heimkino/Flachfernsehen, pardon, Flachbildfernseher oder neuen Spielcomputer oder Stereoanlagen (heißen die noch so?) wird, wenn man sich in den Medienmärkten dieser Republik umschaut, ungebrochen Geld ausgegeben. Alles Zeug, für das der Grundsatz gilt: Wenn Du es Dir leisten kannst, ist es veraltet.

Ich werde meinen Karton in den Müll werfen. Mit Bedauern. Ach, würde es ja gerne in liebevolle Hände abgeben. Aber auch ein Technikmuseum braucht all das Zeug nicht. Komisch, für ein altes Auto, da finden sich immer Freaks, die es aufpolieren und liebevoll nutzen. Aber Elektroschrott? Oder ist da draußen irgendjemand, der mit freudiger Erwartung einen Uralt-Computer mit dem Wählscheiben-Telefon verbindet und gespannt auf das Geräusch des Bulletin Board Systems wartet? Der könnte mein altes Zeug haben, gerne. Eine Mail reicht.

20
Okt
2005

Heute hier, morgen dort

Nachtrag zur gestrigen Lesung:

Auf dem Gang zum Klo hing ein Plakat, das einen Auftritt von Hannes Wader für den 24. November ankündigt.

Stellt euch vor, sage ich, zu den anderen Deutlich-jünger-als-ich-Bloggerinnen und -Bloggern zurückgekehrt, den Wader gibt's immer noch.

So leere Blicke habe ich selten gesehen.

Keiner mehr hier, der sich erinnert? Pressefest in Dortmund und so? Danach kann nichts mehr kommen? Ist das wirklich alles schon so lange her?!

Hah!

Mit den Freimeilen der nationalen deutschen Fluglinie endlich mal was Sinnvolles angefangen: einen Bademantel bestellt.
(Die Meilen wären ohnehin demnächst verfallen.)

/edit
Dialog mit meiner Frau:
Was hättest Du denn sonst mit den Meilen anfangen können?
Na, one-way nach Rom fliegen.
Dann hätte ich den Rückflug genommen.

19
Okt
2005

Wir Versager

Gestern wusste es die F*AZ im Feuilleton-Aufmacher, heute die t*az auf S. 1: Männer gefährden die Literatur. Weil sie immer nur Sachbücher wie "So dübelt mann richtig" lesen, die Frauen dagegen die Romane.

Gar nicht wahr! Arbeite mich seit Wochen tapfer durch den neuen 'arry P*otter. Oder zählt der nicht?

Nähe

Er kam mir näher und lächelte. Er lächelte noch immer, als er mir zu nahe kam. Ein bisschen hilflos stand ich da, roch seinen schlechten Atem und hörte sein Geschwafel. Flucht kam nicht infrage. Ich war richtig erleichtert, als sein Handy klingelte und er sich zurückzog, um ungestört zu telefonieren.

Viel Neues tut sich in meinem beruflichen Umfeld, und viele Neue werden in Positionen gespült, wo sie für mich wichtig sein könnten. Nichts ungewöhnliches. Ungewöhnlich nur, wie viele dieser Neuen mit grundlegenden Dingen menschlichen Sozialverhaltens nicht umgehen können.

Sie kommen auf mich zu und ignorieren die Mindestdistanz, die jedes Säugetier als sozial verträglich betrachtet. Ein Meter Abstand ist ok, vielleicht ein wenig distanziert. 80 Zentimeter, wenn man in ein Gespräch vertieft ist. Bei Menschen, die ich gut kenne, ist auch ein halber Meter in Ordnung.

Doch grauenvoll sind diejenigen, die bei einem – wohlgemerkt beruflich bedingten – Gespräch diese unausgesprochenen sozialen Begrenzungen beiseite fegen. Die meinen, ihre Worte gewönnen an Gewicht, wenn sie mir gewichtig die Hand auf den Oberarm legen. Oder eben mir so nahe rücken, dass ich sie selbst dann verstehen würde, wenn sie flüsterten. Was sie natürlich nicht tun. Im Gegenteil.

Merkwürdigerweise sind es meistens Männer, selten Mittvierziger, häufiger Mittfünfziger, die auf solche Dinge keine Rücksicht nehmen. Bei mancher Frau hätte ich mir vielleicht gewünscht, dass sie den sozial verträglichen Mindestabstand unterschreite, natürlich auch nicht bei jeder. Oder anders ausgedrückt: Ausgerechnet diejenigen, bei denen ich am sorgfältigsten auf die bei normalem Sozialverhalten übliche Distanz achten würde, neigen am ehesten dazu, sie zu unterschreiten.

Ich bin keine Raubkatze. Die reagieren auf das Unterschreiten des Mindestabstands mit Angriff. Das kann ich mir leider nicht leisten.

15
Okt
2005

Kulturvergleich (Forts.)

cimg0299
Nachdem ich ja schon mal geschrieben hatte, dass
nicht spülmaschinenfeste Gläser den Untergang der DDR voraussagten
, ein
weiterer Kulturvergleich.

Diese Tasse habe ich vor knapp zwanzig Jahren auf dem Flughafen von
Schanghai, nun, sagen wir mal, behalten. Seitdem kommt sie immer wieder
in die Spülmaschine: Der Beschriftung hat das nichts anhaben können.

Dagegen war der Becher, den ich vor zwei Jahren an der School of
International und Public Affairs in NYC auch, äh, behalten habe, nach
drei Durchgängen in der Maschine neutralisiert und nicht mehr als eine
nette dunkelblaue Tasse.

Lernt uns das was?

14
Okt
2005

Wunschtraum.

Könnte mal jemand bitte den gesamten Berliner Innenstadtbereich für Autos sperren?

13
Okt
2005

Freud schon wieder.

Hab' ich doch glatt gerade in einem Kommentar anderswo Po-up-Blocker statt Pop-up-Blocker geschrieben.
Wenn ich jetzt nicht drüber rätseln würde, ob das ein schlichter Typo oder nicht doch ein Freudscher Verschreiber ist...

/edit: ich sehe aber, ich bin nicht allein:
https://www.google.de/search?hl=de&q=%22po-up-blocker%22&btnG=Google-Suche&meta=
/

11
Okt
2005

1 Trost

Ich mag ja naiv sein. Aber: das wundervoll sonnige Herbstwetter hält vorerst an. Egal wer regiert.

9
Okt
2005

Nachtrag

cimg0186
Bei dieser Veranstaltung war ich für das Publikum etwa zehn Jahre zu
alt. Oder in der falschen Branche. Wahrscheinlich aber beides.
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